2016(Nov): Orchesterkonzert in der Kirche Große Töne in der Bramscher Gartenstadt

Ihr ganzes Können stellten die Musiker der Osnabrücker Musikfreunde beim Konzert in der Heilig-Geist-Kirche unter Beweis.
Foto: Irina Doelitzsch-Kaufmann

 

NOZ vom 21.11.2016 / NOZ online vom 20.11.2016

Orchesterkonzert in der Kirche Große Töne in der Bramscher Gartenstadt

von Irina Doelitzsch-Kaufmann

Bramsche. In der Heilig-Geist-Kirche in der Bramscher Gartenstadt wurde am Samstagabend den Konzertbesuchern die Ehre zuteil, das Orchester der Osnabrücker Musikfreunde genießen zu können. Dieses Projektorchester erarbeitet an mehreren Wochenenden ein Programm für zwei Konzerte pro Jahr. Im Gepäck hatten sie diesmal höchst unterschiedliche Werke: von lieblich über schwermütig bis spröde.
Kraftvoll eröffnet der Dirigent Reinmar Neuner den Abend mit Leoš Janáčeks Adagio für Orchester, dessen Kompositionszweck unklar ist. Ist es ein Teil eines größeren Werkes oder eines Zyklus‘? Waren weitere Sätze geplant?
Tiefe Schwermut drückt der Adagiosatz aus, dessen Grundtonart d-Moll dies noch unterstreicht. Volltönend, ohne aufdringlich zu sein, präsentiert sich der Blechbläsersatz gleich zu Beginn des Abends.

Nur etwa 25 Jahre liegen zwischen Janáčeks Adagio und Jean Sibelius‘ Sinfonie Nr. 5 op. 82, deren verschiedene Fassungen er zwischen 1915 und 1919 komponierte, dennoch trennen harmonisch und klanglich Welten diese beiden Stücke. Während Janáčeks Adagio schwermütig, aber klangvoll erscheint, präsentiert Sibelius eine Sinfonie voller Schroffheit und spröder Klänge, die einem den Zugang beim ersten Hören kaum ermöglicht. Mühe hatten auch die Musiker , sich dieses Werk zu erschließen, wie sie gestanden, aber zu hören war das keineswegs. Mit fester Hand und äußerst präzise zeigt Neuner seine Interpretationswünsche an, die Musiker folgen scheinbar mühelos. Steigerungen in Temperament und Dynamik setzt das Orchester wie gewünscht um.
Wie gut, dass zwischen trübsinnig und spröde Peter Tschaikowskis Konzert op. 35 für Violine und Orchester stand. Welch herrlicher, warmer Kontrast, welch Lichtblick. Wie gut auch, dass das Orchester der Osnabrücker Musikfreunde einen so virtuosen Solisten wie Michal Majersky gewinnen konnte, galt das Werk bei seiner Entstehung doch als unspielbar – der von Tschaikowski vorgesehene Solist hatte abgelehnt. Majersky, der 26 Jahre junge Slowake, scheint die Unspielbarkeit schlichtweg zu ignorieren. Kräftig und warm ist sein Geigenklang, und mit großer Souveränität meistert er die Tücken dieses Konzerts. Tonhöhen, die für das menschliche Ohr kaum mehr wahrnehmbar sind und insofern nur als technische Herausforderung verstanden werden können, schreibt Tschaikowski in die Partitur – kein Wunder, dass das Stück als zu schwer galt und von den Musikkritikern seiner Zeit abgelehnt wurde.

Majerskys Spiel ist so voller Emphase, dass man kleinere Ungenauigkeiten in den Sechzehntelläufen gern verzeiht. Der Solist und die Osnabrücker Musikfreunde harmonieren prachtvoll. Wie beim Staffellauf wechseln die Themen zwischen beiden hin und her und jedes Mal scheint sich das spielerische Feuer noch zu verstärken. Das Orchester begleitet einfühlsam, fast zu dezent. Majersky dominiert deutlich, das Orchester hätte sich zu seiner Unterstützung nicht so sehr zurückhalten müssen.
Neuner ist so in seinem Elan, dass ein Hüpfer auf seinem Podest nicht ausbleibt. Man ist versucht zu rufen: „Das war Spitze“. Bleibt nur zu hoffen, dass die Aufführung in Osnabrück mindestens ebenso gut wird.