2015(Mai): 70 Jahre nach Kriegsende: Großes Friedenskonzert in der Osnabrück-Halle

Beeindruckend: die Osnabrücker Vocalvielharmonie, die Bramscher Kantorei St. Martin und das Orchester der Osnabrücker Musikfreunde.
Foto: Egmont Seiler

 

NOZ vom 12. Mai 2015

Musikalische Dankbarkeit

70 Jahre nach Kriegsende: Großes Friedenskonzert in der Osnabrück-Halle

von Thomas Hitzemann

OSNABRÜCK. Das Orchester der Osnabrücker Musikfreunde, die Osnabrücker Vocalvielharmonie und die Bramscher Kantorei St. Martin haben mit ihrem gemeinsamen Friedenskonzert zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges dieses Datum künstlerisch angemessen gewürdigt.
Beide Chöre probten getrennt unter Holger Dolkemeyer und Eva Gronemann. In der Osnabrück-Halle traten sie dann gemeinsam auf, unterstützt von den Musikfreunden unter der Gesamtleitung von Reinmar Neuner.

Den Anfang macht das zeitgenössische „Dona nobis pacem“ des lettischen Komponisten Peteris Vasks. Der weich singende Mammutchor wird mit dezenten Dissonanzen vom Orchester begleitet. Ihr gemeinsames An- und Abschwellen im runden Klang bekräftigt die Sehnsucht nach Frieden.

Dennoch erscheint die Bitte musikalisch eher leidgeprüft ausgedrückt als vehement gefordert. Frank Martin hat bei seinem großen Oratorium „In terra pax“, komponiert Ende 1944, offenbar die Trümmerfelder des ausgehenden Weltkrieges direkt vor Augen. Er tröstet mit seinem Werk, aber er verspricht nichts. Der Text ist ausschließlich biblisch, die Tonsprache melancholisch und ergreifend.

Im ersten Teil verbreiten dunkle Bläserklänge und das bedrohliche Tamtam ein statisches Pathos. Bariton Marco Vassalis singt vom Zorn Gottes, der das Leid des Krieges hervorgerufen hat. Göttliches Verzeihen und Hoffnung auf Frieden äußern sich im zweiten Teil. Das Orchester begleitet den Chor und die übrigen Solisten Karen Fergeson (Sopran), Francisco Almanza (Tenor) und Silvio Heil (Bass) nun in helleren Klangfarben. Der dritte Teil stellt die Bedeutung Christi für alle Völker der Erde in den Mittelpunkt.

Eine tröstende Altarie, gesungen von Katrin Jansen-Oolo, wird vom Orchester meditativ begleitet. Im vierten Teil unterwirft sich der Mensch ganz dem Willen Gottes und übernimmt keine Verantwortung mehr für die Zukunft.

Das tonlich statische Pathos des Anfangs kehrt expressiv gesteigert zurück. Wesentlich hoffnungsvoller wirkt dagegen die Sinfonie in d-Moll von César Franck. Da zeigt das Orchester, was in ihm steckt, und Dirigent Neuner hat die Partitur bewundernswert sicher im Kopf.

Der erste Satz klingt zunächst nach Ruhe vor dem Sturm, der dann aber gehörig losbricht, im Tutti von den Blechbläsern gekrönt. Der zweite Satz atmet Frieden. Unter Harfenakkorden und Streicherpizzicato ertönen pastorale Soli von Oboe und Horn.

Der dritte Satz bringt nur kurze Passagen in Moll. Alle darin wiederkehrenden Themen aus der Sinfonie sind jetzt zum Dur gewendet. Sie wirken wie glückliche Heimkehrer nach einer gefahrvollen Reise.

Der ganze Satz strahlt vor Heiterkeit. So klingt sie, die Dankbarkeit für 70 Jahre Frieden!