2012(Mai): Feurig und amüsant

Foto Sunhild Salaschek

 

Westfälische Nachrichten vom 13. Mai 2012

Feurig und amüsant

Konzert der „Osnabrücker Musikfreunde“

von Sunhild Salaschek

LENGERICH – Das Orchester der „Osnabrücker Musikfreunde“ war am Samstag zu Gast in der Lengericher Gempt-Halle. Wieder einmal. Und wieder einmal wurde beste klassische Unterhaltung geboten.

„Langsam. Schleppend.“ Wer findet das heute für ein Musikstück angemessen oder gar ansprechend? Gustav Mahler aber verwendete diesen Untertitel bei seiner 1. Sinfonie (Der Titan, D-Dur). Am Samstag war sie krönender Abschluss eines faszinierenden Orchesterkonzertes in der Gempt-Halle.

Die „Osnabrücker Musikfreunde“ fesselten ihr Publikum mit einer ebenso feurigen wie amüsanten Interpretation des grandiosen Orchesterwerkes; denn schließlich finden sich dort auch die Spielanweisungen „ohne zu schleppen“ und „stürmisch bewegt“. Kein Wunder also, dass die Hörer – leider deutlich weniger als in der überfüllten Halle beim 25-jährigen Orchesterjubiläum im vergangenen Jahr – voller Begeisterung waren.

Das Orchester und sein bewährter Kölner Dirigent Reinmar Neuner hatten ein packendes Programm zusammengestellt, das sich von vornherein an der kontrastreichen Musik Mahlers zu orientieren schien. Man sagt seiner Sinfonie eine gewisse „Formlosigkeit“ und „parodierende Uneigentlichkeit“ nach, an die auch das eingangs gespielte Stück „Informel“ von Otto Bode (geb. 1937) anzuknüpfen schien. Gleichzeitig weckt der Titel dieser zeitgenössischen Komposition aber auch Assoziationen an die abstrakten Werke der Bildenden Künstler Wassily Kandinsky und Paul Klee. Dabei spielt Bode, der im Osnabrücker Raum vor allem durch seine Kammermusik bekannt wurde, gerne auch mit verstecktem Hintersinn. Mit Vergnügen entdeckten einige Hörer ein musikalisches Zitat aus „Till Eulenspiegels lustigen Streichen“ von Richard Strauss. Dem Orchester gelang es besonders gut die wechselnde Atmosphäre mit ihren schalkhaften Zügen musikalisch einzufangen.

Für ein weiteres Glanzlicht sorgte die in Freiburg geborene, auch bei großen Festivals begehrte Geigerin Myvanwy Ella Penny mit dem Violinkonzert Nr. 1 (g-moll, Op. 26) von Max Bruch. Nach einem sich langsam steigernden, zunächst sehr moderatem Wechselspiel zwischen Orchester und Solovioline schwelgte Penny tonschön im eingängigen Adagio-Thema ehe sie im energischen Finale auch den letzen Hörer mitriss.

Nach der Pause entfaltete das nochmals erweiterte Orchester die ganze Spannbreite der Mahler’schen Musik. Mit schwungvollen ausladenden Bewegungen vom gebeugten Knie bis zum Freudensprung brachte Neuner die enorme Charakter- und Klangvielfalt, in der sich sogar eine Parodie auf das Lied „Bruder Jacob“ fand, auch optisch gelungen zum Ausdruck.

Mit großem Beifall bedankte sich das Publikum für ein ebenso gehaltvoll entschleunigtes wie rasantes Konzert.