2015(Nov): Cherubini-Requiem strahlt hoffnungsvoll in Dissen

Düster strahlend und kraftvoll setzten Cantus firmus und Osnabrücker Musikfreunde die Werke von Cherubini und Brahms um.
Foto: Frank Muscheid

 

NOZ vom 15.11.2015

Cantus firmus brillieren

Cherubini-Requiem strahlt hoffnungsvoll in Dissen

von Frank Muscheid

Dissen. Diese Musik nimmt mit auf eine emotionale Berg- und Talfahrt, fängt und trägt einen bis zum finalen Paradiesversprechen: Mit den „Chor-, Orgel- und Orchesterwerken zum Ende des Kirchenjahres von Luigi Cherubini und Johannes Brahms“ haben der GMHütter Kammerchor Cantus firmus und das Orchester Osnabrücker Musikfreunde unter der Leitung von Stefan Bruhn am Samstag in Dissen brilliert. In der St. Mauritius-Kirche applaudierten mehr als 80 Zuhörer minutenlang für ein starkes Stück klassischer Musik, das sich am Sonntag in der Oeseder König-Christus-Kirche wiederholte.
Mit beeindruckender Klarheit, Kraft und Intensität setzten Orchester und Chor live teils selten Gehörtes in Szene. Der „Begräbnisgesang opus 13“ von 1858 ist ein Frühwerk Johannes Brahms, das textlich wie musikalisch die Gewissheit des Todes und den Glauben an das ewige Leben thematisiert. Es zeugt von der Angst des Menschen vor dem Tod, aber auch von seiner schöpferischen Kraft und seinem Lebenswillen. Düstere, schwere Passagen lassen die emphatischen Dur-Momente umso heller leuchten. Und doch hielt sich dieses Werk noch vornehm zurück. Auch mit Brahms Choralvorspiel und Fuge für Orgel „O Traurigkeit, o Herzeleid“ von 1856 bereitete Stefan Bruhn an der Orgel einen ruhigen, geradezu kontemplativen Boden für die majestätische Wucht, mit der sich dann Cherubinis drei Werke entfalten sollten.

Dramatik und Innenschau

Der 1760 in Florenz geborene Luigi Cherubini ließ sich 1787 in Paris nieder, brachte es bis zum Direktor des Konservatoriums und prägte nahezu alle französischen Komponisten dieser Zeit. Das „Requiem in c-moll“ anlässlich der Trauerfeier für das Revolutionsopfer Ludwig XVI beeindruckte auch Beethoven, Schumann und Brahms. Auf der Suche nach spätklassischen und frühromantischen Werken für den Chor hörte Kantor Stefan Bruhn „Marche funèbre“, „Requiem“ und „In Paradisum“ auf einer CD kombiniert.
„Auf die Idee, dieses Konzert mit zwei Frühwerken von Brahms zu kombinieren kam ich, als ich las, dass dieser das Cherubini-Requiem außerordentlich schätzte.“ Dunkel, wuchtig, mit auseinanderdriftenden tiefen Streichern, Tamtam-Schlägen und Paukenwirbel, aus deren „Schockstarre“ stets ein orchestrales Echo erlöste, ließen Chor und Orchester im „Marche funèbre“ die einschneidende Dramatik des Todes spüren.
Das folgende „Requiem“ war reich an dramatischen, erhabenen Momenten, aber nie pathetisch, sondern saugte die Zuhörer in ihre eigene Gedankenwelt. Teils sparsam, aber umso wirkungsvoller eingesetzte Instrumentierungen mündeten in aufbrausende Chorpassagen und emotionale Befreiungsschläge, in denen Sänger und Musiker geballt betörten.

Hoffnung auf Frieden

Wo einen das „Requiem“ noch mit einem düsteren „Agnus Dei“ zurücklässt, verspricht „In Paradisum“ von 1820 nahezu heiter die Freuden des Paradieses. „Ins Paradies mögen Engel dich geleiten“, heißt es da. Auch hier gingen Osnabrücker Musikfreunde und Georgsmarienhütter Chor scheinbar leicht Hand in Hand.

Dabei gab es, erklärte Bruhn, nach knapp einem Jahr Chorprobe nur eine Generalprobe mit allen Mitwirkenden. Gewidmet war der Abend den Opfern und Betroffenen des Terrors von Paris, der Entsetzen und Trauer ausgelöst habe, sagte Friedrich Ferié vom Kammerchor. Die Werte Europas seien „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – wir glauben daran.“ Die „unfassbaren Ereignisse ändern unser Gefühl im Musizieren, Singen und Hören“.